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Stichwort: Gestalt-Paartherapie Leseprobe in
voller Länge aus dem In der Gestalttherapie mit Paaren geht es um zweierlei: um die Entwicklung von umfassendem Gewahrsein und die (Wieder-)Herstellung von Kontakt zwischen den beiden Partnern. »Kontakt« besteht (nach Hilarion Petzold) aus vier Stufen, die alle für ein Paar bedeutsam sind:
Der hervorgehobene Stellenwert von Kontakt in der Gestalttherapie prädestiniert sie geradezu für die Arbeit mit Paaren. Wie in jeder Gestaltarbeit ist das Gewahrsein sowohl das (Prozess-) Ziel der gestalttherapeutischen Arbeit mit Paaren als auch der Weg (der Therapieprozess). Die Gestaltarbeit mit Paaren unterscheidet sich jedoch von der mit Einzelnen: In der Einzeltherapie ist der Therapeut der Verbündete des Klienten. Der Schwerpunkt der therapeutischen Arbeit mit dem Einzelklienten liegt auf der kontaktvollen Begegnung zwischen ihm und dem Therapeuten, denn nach dem Verständnis der Gestalttherapie findet »Heilung in der Begegnung« (Martin Buber) zwischen Menschen statt. In der gestalttherapeutischen Arbeit mit Paaren ist der Therapeut nun der Verbündete des Paares. Er unterstützt das Paar als Vermittler (»Mediator«), wieder (und tiefer) miteinander in Kontakt zu kommen, damit zwischen den Partnern ein heilsamer Raum der Begegnung wachsen kann – ein heilsames »Zwischen« (nach einem Begriff Martin Bubers). Er versucht dabei, sich selbst so wenig wie möglich in die Paarbeziehung »einzumischen«. Besondere Aufmerksamkeit richtet er darauf, dass er sich nicht mit einem Teil des Paares gegen den anderen verbündet – übrigens eine häufig auch von Klienten geäußerte Befürchtung. Manchmal jedoch ist es, damit überhaupt Kontakt zwischen den Partnern wachsen kann, erforderlich, dass der Gestalt-Paartherapeut zuerst einmal überwiegend mit einem der Partner an dessen Problemen bzw. Themen arbeitet. Hier könnte nun (beim anderen Partner, aber auch beim Therapeuten selbst) der Eindruck entstehen, dass eben jener andere Partner »das Problem« der Beziehung ist. Auf diese Weise könnte jener Partner stigmatisiert werden. Der Stigmatisierung eines Partners (ebenfalls eine nicht seltene Befürchtung von Klienten in der Paartherapie) wird der Therapeut jedoch durch die Thematisierung dieses Ungleichgewichts vorbeugen. Er wird evtl. auch darauf hinweisen, dass der eine Partner an so vielen Problemen bzw. Themen arbeitet, vielleicht auch daran liegt, dass der andere so wenig eigene Probleme bzw. Themen äußert und in die Therapie einbringt. Auch wirkt die Mediatoren-Rolle des Gestalttherapeuten als Schutz vor jener Stigmatisierung. Bei Paaren haben sich häufig »Mechanismen« der Kontaktvermeidung in die Beziehung eingeschlichen. Man stellt sich vor, was der andere Partner denkt, will, wünscht ... – aber man begegnet sich nicht mehr tatsächlich. Übrigens gilt das natürlich auch für andere Beziehungen! Mit der Förderung der Kontaktfähigkeit der Partner fördert der Gestalttherapeut auch die Selbstheilungskräfte der Paare: Sie können dann (wieder) beginnen, ihre Beziehungsprobleme selbst zu bearbeiten. Erhard Doubrawa: »Wie arbeite ich nun mit Menschen, die einander nahe stehen? Zunächst unterstütze ich sie, wieder mit einander ins Gespräch zu kommen. Über ganz Alltägliches, über das Hier-und-Jetzt, über Freunde und Verwandte, über die Kinder … langsam auch über das Thema der schmerzhaften Verletzung. Wenn dieser Punkt erreicht ist, arbeite ich mit einem 3-Schritte-Modell. Der eine Partner erzählt von der erfahrenen Verletzung, den anderen Partner frage ich dann:
Dann ist der andere Partner auf die gleiche Weise, d.h. auch mit diesen drei Schritten dran. Ich bestehe darauf, dass kein Schritt ausgelassen wird. Im Alltag geschieht das nämlich häufig. Dann versteht der eine Partner manchmal gar nicht, was der andere sagt. Er glaubt bloß, ihn zu verstehen und er reagiert nicht auf das Gesagte, sondern nur darauf, was er angenommen hat, dass es gemeint war. In der Gestalttherapie nennen wir das ›mangelnden Kontakt mit einander‹. Der (Gesprächs-)Partner ist dabei ausschließlich in Kontakt mit sich selbst: Er versteht nicht, sondern phantasiert (›projiziert‹). ›Projektion‹ ist ein wichtiger Begriff in der Gestalttherapie. Wenn jemand projiziert, läuft das so ab: Er sagt zu sich: ›Mein Gesprächspartner meint B.‹ Dieses ›B‹ wird jedoch nicht überprüft, sondern unterstellt. Er reagiert mit ›Y‹ auf diesen unterstellten (projizierten) Inhalt. Der Gesprächspartner erfährt jedoch nicht, dass ›B‹ verstanden worden ist, sondern unterstellt seinerseits, dass ›Y‹ eine Reaktion auf seine ursprüngliche Botschaft ›A‹ sei. Er findet es verständlicherweise unangemessen, dass mit ›Y‹ auf ›A‹ reagiert wird und reagiert seinerseits mit ›Z‹. In der Alltagssprache sagt man dann, dass die beiden ›aneinander vorbei reden‹. Die Ursache für das ›Aneinander-Vorbeireden‹ ist die Projektion. Das wird meist übersehen. Und die Projektion resultiert daraus, dass die Gesprächspartner nicht genügend Aufmerksamkeit gegenüber den Phänomenen aufbringen, dass es ihnen an ›Gewahrsein‹ fehlt. Darum arbeiten wir in der Gestalttherapie so hart an einer Verbesserung des Gewahrseins« (in: E. Doubrawa und S. Blankertz, Einladung zur Gestalttherapie, 2002, S. 30f). Mikael Curman und Barbro Curman: »Warum eine Paargruppe? Unser eigener ursprünglicher Lernprozess, in dem wir uns Kontaktstrategien angeeignet und gelernt haben, wann und wie wir diese einsetzen, hat schließlich in einer Gruppe stattgefunden, der Familie nämlich. In dieser ersten Gruppe konnten wir nicht das Risiko eingehen, unser ganzes authentisches Selbst zu zeigen und haben statt dessen gelernt, uns […] hinter verschiedenen Masken zu verstecken und mit Hilfe bestimmter Strategien ein breitgefächertes Kontaktspektrum zu vermeiden. In der neuen Gruppe nun leben wir diesen Stil und diese Strategien aus, genau wie in der Paarbeziehung, nur dass dabei nicht ganz so viel auf dem Spiel steht, wie in unserer Liebesbeziehung. Deshalb können wir selbst und andere diesen Stil betrachten und im Beisein unseres Partners mit ihm experimentieren. Dabei repräsentiert die Gruppe, wie auch das Paar selbst, eine weitere ›alternative Wirklichkeit‹, in der wir unsere verschiedenen Annahmen und unsere Strategien, Kontakt herzustellen oder zu vermeiden, ausprobieren können. Während ich die eine oder andere Strategie anwende, wird es aufgrund der Verschiedenheit der Gruppenteilnehmer wahrscheinlich irgend jemanden geben, der mich an diesem Punkt herausfordert, jemanden, der mich unterstützt (vielleicht mein Partner, der mir zur Hilfe eilt!), jemanden, der etwas Ähnliches erlebt hat wie ich und mich versteht und vielleicht jemanden, der sich durch mein Verhalten bedroht fühlt. Vielleicht wird mein Verhalten jemanden in der Gruppe inspirieren, und ein anderer wird sich selbst (oder seine Partnerin / ihren Partner) in meiner Position wiedererkennen und eine neue Sichtweise dazugewinnen. In diesem Austausch können wir alle etwas lernen, während der Partner, der entweder unmittelbar an diesem Austausch beteiligt war, oder auch nicht, die Gelegenheit hat, mich mit einer unterstützenderen Haltung und unter weniger riskanten Umständen zu sehen, als wenn wir beide an demselben Kampf beteiligt wären. Unsere Arbeit als Therapeuten besteht darin, ein Klima der Sicherheit und der Unterstützung zu schaffen, in dem mehr von diesem »authentischen Selbst« ausgelebt werden kann – all die Gefühle, Gedanken und Stimmen, die während der Kindheit unterdrückt wurden und von denen wir uns so sehr wünschen, dass sie jetzt in unserer Beziehung und unserem Leben insgesamt gehört und gewürdigt werden. Wir befürworten Regeln, die den Ausdruck starker Gefühle nicht so sehr einschränken und allen Teilnehmern die Sicherheit geben, dass niemand verlassen oder verdammt wird, wenn er neues Verhalten riskiert. Wir nutzen unsere eigene Präsenz in der Gruppe, um das Mitteilen von Gefühlen zu demonstrieren, nicht um ›an unseren eigenen Themen zu arbeiten‹, denn das wäre unangemessen, sondern um die Entwicklung einer Sprache zu fördern, durch die wir alle mehr über uns selbst, unsere Partner und voneinander erfahren können. Die Gegenwart eines Zeugen verändert die Interaktion eines Paares insofern, als sich die Partner im Spiegel des Gewahrseins dieses Zeugen ihrer selbst und einander mehr gewahr werden. Dies gilt für die Therapie und die Paartherapie im allgemeinen, und um so mehr für die Gruppe. Die meisten Paare führen ein isoliertes Privatleben, und die Zeugen machen ihnen deutlich, dass wir alle Teil einer Gemeinschaft sind. Gleichzeitig dienen die Zeugen der Realitätsüberprüfung. Bin ich dabei, magische Vermutungen über die telepathischen Kräfte meines Partners anzustellen? Bin ich selbst klar? Höre ich das, was andere mir sagen? Und vor allem: ist meine Art, die Dinge zu sehen oder die Situation einzuschätzen, die einzige und richtige? Letzten Endes ist jede echte Gefühlsreaktion der Gruppenteilnehmer förderlich und führt zu einer Realitätsorientierung. Nützlich und hilfreich sind nicht die Angriffe und Attacken auf den Charakter des anderen, die viele Paare in ihrem distanzbewahrenden Kontaktstil machen, sondern jede echte Aussage, die jemand von und über sich selbst macht. Hierin liegt die Stärke und das Paradox der Gestaltgruppe: wenn du mitteilst, wo du stehst, und dabei so authentisch bist, wie du kannst, förderst du den anderen mehr und gibst ihm mehr Orientierung, als wenn du deine Gedanken und Interpretationen über den anderen mitteilst, die der ›mittleren Zone‹ entspringen. Und je mehr die Gruppenteilnehmer lernen, so miteinander umzugehen, desto leichter fällt es ihnen, die schwierige Herausforderung anzunehmen, dasselbe auch innerhalb ihrer Paarbeziehung zu tun« (Mikael und Barbro Curman, Die Gestalt-Paargruppe [1994], in: Wheeler/ Backman [Hg.], Gestalttherapie mit Paaren, S. 227ff). Joseph C. Zinker: »Zu Beginn ihrer Liebe erfahren Paare Verschmelzung. Sie sind unzertrennlich. Sie sitzen da und schauen einander tief in die Augen. Sie schwören, einander immer und ewig zu lieben. Sie können ›nicht ohne einander leben‹. Später, wenn sie sich wieder mehr den Anforderungen des Lebens zuwenden und wenn ihnen die wechselseitigen Eigenarten vertrauter geworden sind, gibt es einen langsamen und fast unmerklichen Trennungsprozess. Während dieser Periode werden Unterschiede deutlicher erkannt, und man kehrt zum Thema Selbstverwirklichung zurück. Verschmelzung und Differenzierung geschehen zugleich mit den Bewegungen des Annäherns und Sich-Entfernens – in Spiel und Urlaub, beim Lieben, gemeinsamen Arbeiten und in der Kindererziehung. Verschmelzung wird schwieriger, wenn Kinder da sind. Sie kann jedoch im System der Familie als ganzes gleichsam sublimiert werden, so dass die Kinder darin einbezogen sind. Trennung wird erneut erlebt, wenn die Kinder groß geworden sind und ausfliegen. Wieder ist das Paar allein, hoffnungsvolle, reifere und klarer voneinander abgegrenzte Erwachsene, die sich entschieden haben, zutiefst vertraut miteinander zu werden. Später begegnet das Paar in Krankheit und Tod dem Thema der Trennung - und dem Thema der Verschmelzung, in der Vorstellung einer ewigen Kraft, die als Erfahrung von Transzendenz über das Hiesige hinausweist. Man kommt nur in die Welt, um sich selbst wieder und immer wieder hinzugeben. […] Der Verschmelzung folgt mit Notwendigkeit die Selbstbehauptung des ›Ich‹ – genauso wie zwischen Mutter und Kind. Nach der ersten Erfahrung, jemand zu lieben, erfährt jede Person sich wieder einzeln und ist erneut mit dem eigenen Selbst konfrontiert – mit dessen inneren Bedürfnissen, Konflikten und besonderen Talenten. Jeder der beiden Partner schneidert sich seine Art zurecht, wie er in der Beziehung, der Partnerschaft, funktioniert, damit sie erhalten bleibt. An dieser Stelle wird konfluenter Kontakt durch konfliktreicheren Kontakt ersetzt. Kein Mensch kann Differenzierung ohne Konflikte gewinnen. Viele Paare sind jedoch durch eine Art Hollywood-Prägung so programmiert, dass Konflikt bedeutet: ›Jetzt lieben wir uns nicht mehr‹, oder: ›Wir passen eben nicht zusammen‹, weil sie vielleicht in ihren Ursprungsfamilien nie die Lösung von Konflikten – gefolgt vom Ausdruck liebevoller Zuwendung – erlebt haben; das Paar ist womöglich erschreckt und befürchtet ein Scheitern der Beziehung. An diesem Punkt hat der Gestalttherapeut die Aufgabe, dem Paar zu zeigen, wie es auf gute Weise streiten und Unterschiede so lösen oder integrieren kann, dass beide daran wachsen können, ohne ihre gegenseitige Wertschätzung zu verlieren. Der Therapeut validiert die Erfahrung jedes der beiden und ermutigt sie, die Art und Weise zu respektieren, wie der andere eine Situation sieht. Hat er auf diese Weise beide Partner unterstützt, so geht er dazu über, das ›Wir‹ zu stützen, indem er beide ermutigt, eine schöpferische Integration ihrer Divergenzen zu finden. In meinem Buch ›Gestalttherapie als kreativer Prozess‹ habe ich diese Arbeit modellhaft vorgestellt – ein Modell, das von beiden fordert, dem anderen wirklich zuzuhören, sich Projektionen wieder anzueignen und zu einem Kompromiss zu kommen, bei dem keiner das Gesicht verliert. In der Hitze eines ausgetragenen Konflikts finden die Partner sich mit erneuertem Interesse und sogar leidenschaftlich zueinander hingezogen. Der Differenzierung folgt wiederum die Verschmelzung. Und dieser Rhythmus setzt sich weiter fort. Einige Unterschiede sind nicht auszugleichen und müssen als unauflöslich akzeptiert werden. Man kann einen Partner lieben und respektieren und dabei die existentielle Realität akzeptieren lernen, dass nicht alle Probleme lösbar sind. Hat Hollywood uns das Märchen von der Liebe als Verschmelzung angedreht, so hat uns die ›Bewegung Persönlichkeitswachstum‹ das Märchen vermacht, dass sämtliche interpersonelle Schwierigkeiten lösbar seien. Diese Maxime bringt Paare immer wieder dazu, alle Unterschiede fanatisch zu überwinden und immer wieder zu überwinden, bis beide erschöpft und beschämt sind und sich in der Beziehung Scheitern und Enttäuschung breit machen. Unterschiede gehören zum Wesen einer reifen Beziehung. Unterschiede halten die Beziehung lebendig« (Joseph C. Zinker, Der Gestalt-Ansatz in der Paartherapie [1991], Gestaltkritik 2/1995, S. 14ff). Judith Hemming: »Ich staune oft über den geheimnisvollen Wert der Krise, die ein Paar in die Therapie führen kann, und wie wichtig es für mich ist, einen Weg zu finden, ›bei‹ ihrem Dilemma zu sein und die Struktur dieses Dilemmas zu verstehen, damit die integrativen Prozesse beginnen können, wo immer sie hinführen mögen. Für einen Therapeuten ist es wichtig, die Partner nicht in einer vorbestimmten Weise verändern zu wollen. Meine Unparteilichkeit war ebenso wichtig wie die Tatsache, dass ich nicht um ein bestimmtes Ergebnis bemüht war, denn so wie sie die Dinge arrangiert hatten, war es wahrscheinlich, dass jede Veränderung von einem der beiden für unfair gehalten würde. Partner wollen vor allem akzeptiert, gespiegelt und verstanden, und weniger beraten werden. Ein zentraler Grundsatz der gestalttherapeutischen Theorie ist die phänomenologische Haltung: der Prozess, in dem der Therapeut wirklich präsent ist und beschreibt, was gesehen, gehört und erfahren wird anstatt dessen Bedeutung zu interpretieren. […] Allein schon die Steigerung des Gewahrseins kann uns helfen, festgefahrene Beziehungsmuster zu lockern, wenn die befreite Energie einem echten Kontakt zur Verfügung steht. […] Gestalttherapie ist ein aktiver und bildender Prozess, eine Möglichkeit, neue Linsen zu schleifen, durch die wir die Welt betrachten können, nicht indem wir den Vorstellungen des anderen einfach vertrauen oder allein durch Einsicht und Verstehen, sondern indem wir neue Erfahrungen machen. Diese Neuerung kann durchaus den Abbau des bestehenden Selbstbildes mit sich bringen, und das Loslassen der alten, so lieb gewonnenen Sichtweise kann sehr schmerzvoll sein. Nur wenige Paare kommen mit dem Bewusstsein und der Bereitschaft, diesen Schmerz zu riskieren, und es tut gut, mit ihnen zu arbeiten; sie zeigen uns am deutlichsten, welche therapeutische Kraft in diesem Ansatz liegt. Die meisten Klienten aber brauchen ... vor allem vorsichtige Unterstützung, um sich mit diesen Ideen überhaupt vertraut machen zu können. […] Es ist wichtig zu betonen, dass ein Gestalttherapeut nicht mit starren Vorstellungen arbeitet. Die Klienten sind eingeladen, mit ihren Erfahrungen zu den speziellen Kenntnissen und Wertvorstellungen des Therapeuten beizutragen. Die Felder von Therapeut und Klienten sind miteinander verwoben. Ein Paar, das in die Praxis kommt, leidet oder profitiert von der Therapie; aber als Therapeut kann ich die beiden Partner nur so weit begleiten, wie ich mich selber kenne. Meine Toleranz für Ängste und Aufregung wirkt sich auf ihre aus, und ihre Schwierigkeiten werden auch die meinen hervorbringen. Da, wo sich meine Zaghaftigkeit mit ihrem Konservatismus deckt, entsteht Konfluenz. Wenn ich auf ein bestimmtes Verständnis von Beziehung und Kontakt festgelegt bin, werde ich es unweigerlich anderen Sichtweisen vorziehen. Selbst wenn ich sehr darauf achte, meine eigenen Themen raus zu halten und sehr zentriert und respektvoll arbeite, gibt es einfach keine wertfreien Interventionen oder unabhängigen Standpunkte. Hier handelt es sich nicht um ein Problem, das beseitigt werden müsste, sondern um eine grundlegende Wahrheit der Feldtheorie und der Gestalttherapie, und deshalb ist es wichtig, dass der Therapeut einerseits ein hohes Maß an Entwicklung und Gewahrsein mitbringt und andererseits bereit ist, diese Themen und Werte transparent und deutlich zu machen. Ich muss also den Einfluss meiner eigenen Haltung aktiv berücksichtigen« (Judith Hemming, Kontakt und Wahl: Die gestalttherapeutische Arbeit mit Paaren [1994], in: Wheeler/Backmann [Hg.], Gestalttherapie mit Paaren, 76ff). Siehe auch: Feldtheorie; Gewahrsein; Konfluenz © Stefan Blankertz und Erhard Doubrawa, Lexikon der Gestalttherapie, gikPRESS, Köln/Kassel 2017
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