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Stichwort: Konfluenz

Leseprobe in voller Länge aus dem
Lexikon der Gestalttherapie
von
Stefan Blankertz und Erhard Doubrawa

Etymologie: Lateinisch »confluens« (Zusammenfließen).

Definition: Konfluenz (manchmal werden auch die Begriffe »Verstrickung« oder »Verschmelzung«) gebraucht) bezeichnet in der Gestalttherapie die fehlenden Kontaktgrenzen gegenüber der Umwelt. Die Differenz zwischen Subjekt und Objekt werden negiert. Wer sich immer nach den Erwartungen anderer richtet, jeden Konflikt vermeidet, Harmonie und Nähe um jeden Preis herstellen will, ist »konfluent«. Er grenzt sich nicht von anderen ab. Die Kontaktfunktion der Aggression fehlt wie bei der Deflektion. Aber das Mittel der Konfliktvermeidung ist Gleichklang mit der Umgebung (also nicht Ausweichen), »Schwimmen mit dem Strom«.

Schwerer zu erkennen ist die gegenteilige Form der Konfluenz, die sich als (scheinbare) Abgrenzung darstellt. Das »Dagegensein um des Dagegenseins Willen« ist nämlich keine wirkliche Grenzziehung im gestalttherapeutischen Sinne. Denn der Handelnde handelt immer in starrer Abhängigkeit von der Umwelt, nur nicht im Gleichklang, sondern im Widerspruch. Damit aber verharrt er in Abhängigkeit und handelt nicht autonom.

Wie alle Kontaktstörungen erfüllt auch die Konfluenz in gewissen Zusammenhängen eine wichtige Funktion. Um gute Stimmung, Gemeinsamkeit und Zusammenhalt in der Gruppe zu ermöglichen, ist es oft hinderlich, sich stets abzugrenzen oder auf dem eigenen Standpunkt unnachgiebig zu beharren.

Meinen, sich stets ungehemmt abgrenzen zu sollen oder immer auf dem eigenen Standpunkt beharren zu müssen, ist ebenfalls eine Form von Konfluenz, weil man sich – wenn auch in der Negation – am Maßstab der anderen, nicht am eigenen Maßstab orientiert. Die angemessene Verhaltensweise liegt in der Mitte (»Nullpunkt«, »Indifferenzpunkt« nach Friedlaender) zwischen den Extremen (Polaritäten), nämlich in der Fähigkeit, sich sowohl abgrenzen (und als selbstbestimmtes Subjekt definieren) als sich auch anpassen (an das, was im Umfeld nährend ist) zu können.

Beschreibung bei Perls, Hefferline, Goodman: »Konfluenz ist der Zustand der Kontaktlosigkeit (ohne Grenze des Selbst)« (PHG, Band »Grundlagen«, S. 244).

Beschreibung bei Erving und Miriam Polster: »Die Konfluenz ist ein Phantom, hinter dem diejenigen herjagen, welche Unterschiede vermindern wollen, um so die durch das Neue und Andere hervorgerufene Verwirrung zu mildern. Es ist ein Linderungsmittel, bei dem man sich mit einem oberflächlichen Arrangement abgibt, mit einem Abkommen, die Sache nicht ins Wanken zu bringen. Andererseits behält ein guter Kontakt, selbst in der tiefsten Verbindung, das erhöhte und profunde Gefühl für den anderen bei, mit dem der Kontakt besteht.

Eine der Schwierigkeiten bei der Konfluenz ist, dass sie nur eine schwache Basis für eine Beziehung liefert. Zwei Menschen können nicht immer genau gleichen Sinnes sein. Wenn es also schon für zwei Menschen schwierig ist, Konfluenz zu erreichen, ist es noch zweckloser, in der Familie, der Organisation oder der Gesellschaft nach Konfluenz zu streben. […]

Die Gegenmittel zur Konfluenz sind Kontakt, Differenzierung und Artikulation. Der Betreffende muss Entscheidungen, Bedürfnisse und Gefühle erfahren, die seine eigenen sind und nicht mit denen anderer Menschen unbedingt übereinstimmen müssen. Er muss lernen, dass er dem Entsetzen, von diesen Menschen getrennt zu sein, ins Auge sehen kann und trotzdem am Leben bleiben. […] Indem man sich seinen eigenen Bedürfnissen zuwendet und sie auch artikuliert, kann man die eigene Richtung feststellen und so das erreichen, was man will. Man braucht keinen Handel mit einer zu beschwichtigenden Macht abzuschließen; man wird unabhängiger, weiß, wohin man will und wie man aus eigenem Antrieb dorthin gelangen kann. Da man sich seine eigenen Ziele setzt, ist man nicht gebunden, sondern kann sich frei bewegen, sich seiner gegenwärtigen Erfahrung anpassen und braucht nicht einem Vertrag entsprechend zu leben, der vor langer Zeit abgeschlossen wurde« (Gestalttherapie, 1975, S. 100ff).

Siehe auch: Gestaltwelle; GTI; Konfluenzvertrag; Kontakt; Kontaktstörungen; Selbst

© Stefan Blankertz und Erhard Doubrawa, Lexikon der Gestalttherapie, gikPRESS, Köln/Kassel 2017

 

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Ausgabe 2 / 2007

 

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