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Stichwort: Würdigung Leseprobe in
voller Länge aus dem Etymologie: Das althochdeutsche Wort »wirdi« bedeutet so viel wie Ehre, Ansehen und ist mit »Wert« verwandt. Verwendung in der Gestalttherapie: Heilung in der Gestalttherapie geschieht durch die Würdigung: Der Klient kommt zum Therapeuten, weil er mit einem Lebensproblem meint, nicht mehr allein fertig werden zu können. Vorsichtig lässt ihn der Therapeut erleben, dass er selbst in Wirklichkeit über außerordentliche Kräfte verfügt, die ihm das Überleben ermöglichen. Durch die Würdigung dieser Kräfte kommt der Klient in Kontakt mit seiner Fähigkeit, Lösungen seines Problems für sich zu finden. Dieser Kontakt macht es ihm möglich, sich selbst, seine Mitmenschen und seine Umgebung so wahrzunehmen, dass er die Unterstützung spürt, die er daraus ziehen kann. Häufig sind die heutigen Probleme das Ergebnis von früheren Problemlösungsversuchen. Sie waren damals sinnvoll. Doch heute schränken sie eher ein. Das ist wie mit Kinderschuhen. Vor einem Jahr passten sie wie angegossen. Heute sind sie viel zu klein. In der Gestalttherapie geht es vor allem um die therapeutische Haltung, mit der Therapeuten ihre Klienten dabei unterstützen, die eigene organismische Selbstregulation wieder in Gang zu bringen. Damit ist die bei jedem vorhandene Fähigkeit gemeint, seine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und die notwendigen Schritte einzuleiten, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn die Bedürfnisbefriedigung klappt, schenken wir der organismischen Selbstregulation keine weitere Beachtung, vielmehr nur, wenn sie nicht klappt. Das geschieht leider relativ häufig. Denn in unserer Kultur haben wir nicht gelernt, auf unsere eigentlichen Bedürfnisse zu achten, sondern eher, sie nicht wahrzunehmen. Und bei dem, was wir tun, orientieren wir uns allzuoft nicht an dem, was wir selbst wollen, sondern daran, was andere von außen an uns herantragen. Die Gestalttherapie will Klienten wieder zur »Selbststeuerung« ermutigen und damit Subjektsein wieder erlebbar machen. Die Selbststeuerung lässt sich nach gestalttherapeutischer Auffassung nur wiederherstellen, wenn die Therapeuten die Klienten auf dem Weg dorthin bereits als mündige Subjekte ansehen. Nicht die Therapeutnen kennen die Lösungen und müssten sie den Klienten nur noch nahe bringen. Nein, die Klienten müssen ihre Lösungen selbst suchen und finden. Therapeuten (bzw. Coaches, Berater) können ihnen dabei nur Unterstützung anbieten. Klienten sind nicht ohne Grund, wie sie sind. Es ist vielmehr eine Schutzreaktion nach einem erfahrenen Schmerz – oder wahrscheinlich eine Schutzreaktion nach immer wieder erfahrenen Schmerzen und immer wieder erlittenen Verletzungen. Wenn Verschließen die Rettung ist, muss der Schmerz unerträglich gewesen sein! Und wenn das Verschließen gegen die eigene Wahrnehmung an einem sehr frühen Zeitpunkt des Prozesses der Gestaltbildung erforderlich war, um überleben zu können, dann ist dies wahrscheinlich auch biografisch zu einem sehr frühen Zeitpunkt erforderlich gewesen, vielleicht noch bevor das Kind den Schmerz oder das Leid sprachlich ausdrücken konnte. Die mit dieser Sichtweise verbundene Haltung achtet und würdigt die Klienten. Sie sieht ihr Leben als Geschenk und Kunstwerk. Siehe auch: Bedürfnis; Gestaltpsychologie; Haltung; Intervention; Klient; Kontakt; Selbstregulierung; Unterstützung © Stefan Blankertz und Erhard Doubrawa, Lexikon der Gestalttherapie, gikPRESS, Köln/Kassel 2017
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